Marktbewegung mit Signalwirkung: Was Übernahmen und Investitionen über die Zukunft der Customer Experience Infrastruktur verraten
Zwei strategische Bewegungen im CX-Markt zeigen deutlich, wohin die Entwicklung geht: NICE übernimmt Cognigy, Salesforce und ServiceNow investieren in Genesys. Die Richtung ist klar – Plattformen, APIs und Automatisierung werden zum Standard.

Der Markt konsolidiert sich erwartungsgemäß
Die Customer Experience-Landschaft entwickelt sich genau so, wie viele Experten es vorhergesagt haben. Zwei aktuelle Marktbewegungen bestätigen den Trend:
- NICE übernimmt Cognigy – ein logischer Schritt zur Integration von Conversational AI in etablierte Contact-Center-Plattformen.
- Salesforce und ServiceNow investieren in Genesys – ein strategisches Signal für die wachsende Bedeutung durchgängiger CX-Ökosysteme.
Diese Entwicklungen überraschen nicht, aber sie beschleunigen eine bereits laufende Transformation: Von Einzellösungen zu integrierten Plattform-Ökosystemen.
NICE + Cognigy: Conversational AI wird Standard-Feature
Eine absehbare, aber wichtige Übernahme
Die Integration von Cognigy in das NICE-Portfolio war eine Frage der Zeit. Conversational AI entwickelt sich vom Add-on zum Kernbestandteil moderner CX-Plattformen.
Was Cognigy mitbringt:
- API-first Architektur für nahtlose Integrationen
- Low-Code-Ansätze für schnellere Implementierungen
- Prozessautomatisierung über einfache Chatbots hinaus
Der praktische Nutzen:
- Für NICE-Kunden: Native AI-Funktionen ohne komplexe Integrationen
- Für Cognigy-User: Erweiterte Analytics und Enterprise-Features
- Für den Markt: Ein neuer Benchmark für integrierte CX-Lösungen
Was das bedeutet:
Die Übernahme zeigt, dass erfolgreiche CX-Plattformen heute mehr bieten müssen als Contact-Center-Software. NICE-Manager Barry Cooper bringt das Problem auf den Punkt: „Traditionell bestehen Kundeninteraktionen aus vielen einzelnen Technologien, die nicht miteinander verbunden sind – wir nennen das intern den ‚Frankenstack'", erklärt er gegenüber dem Handelsblatt. Der Begriff spielt auf das Monster Frankenstein an – zusammengesetzt aus verschiedenen Teilen, genauso wie viele Kundenservice-Systeme, wo Chat, Telefon, E-Mail und Mobile App oft über unterschiedliche Anbieter und Schnittstellen laufen.
Genau diese Fragmentierung adressiert die Integration von Cognigy: Native AI-Fähigkeiten, offene APIs und die Möglichkeit zur Prozessautomatisierung aus einer Hand.
Salesforce & ServiceNow bei Genesys: Das Ökosystem-Spiel
Warum zwei Tech-Konzerne gleichzeitig investieren
Das Investment von Salesforce und ServiceNow in Genesys ist strategisch durchdacht. Customer Experience wird zunehmend zum Bindeglied zwischen Vertrieb, Service und IT-Operations.
Die entstehende Konstellation:
Salesforce (CRM) ←→ Genesys (CX) ←→ ServiceNow (ITSM)
Praktische Vorteile für Anwender:
- Tiefere Integration: Nahtlose Datenflüsse zwischen CRM, CX und Service Management
- Intelligente Übergaben: Bot-Interaktionen mit vollständigem Kontext an Mitarbeiter
- Durchgängige Prozesse: Von der Lead-Generierung bis zum Service-Ticket
Die Botschaft ist klar:
CX-Plattformen, die isoliert operieren, verlieren an Relevanz. Die Zukunft gehört Lösungen, die sich nahtlos in größere Geschäftsprozesse integrieren lassen.
Der neue Standard: API-first, Cloud-native, Composable
Was beide Bewegungen gemeinsam zeigen
Die Übernahme und das Investment folgen demselben Muster. Erfolgreiche CX-Infrastrukturen basieren auf:
Gestern | Heute |
---|---|
Monolithische Lösungen | Microservices-Architektur |
Custom Integrations | API-first Design |
Channel-spezifische Tools | Omnichannel-Orchestrierung |
On-Premise-Installation | Cloud-native Services |
Die praktischen Vorteile:
- Flexibilität: Neue Kanäle und Services lassen sich schnell integrieren
- Skalierbarkeit: Wachstum ohne Architektur-Neubau
- Innovation: Modularer Aufbau ermöglicht schrittweise Erweiterungen
Was das für CX-Entscheider bedeutet
Diese Marktbewegungen sollten Anlass sein, die eigene CX-Architektur kritisch zu hinterfragen. Dabei geht es nicht nur um die technische Bewertung, sondern um fundamentale strategische Weichenstellungen.
Die Architektur-Realität: Viele Unternehmen stehen vor der unbequemen Wahrheit, dass ihre CX-Systeme noch immer in Silos organisiert sind. APIs existieren oft nur auf dem Papier, neue Kanäle bedeuten monatelange Integrationsprojekte, und Customer-Daten wandern zwischen den Systemen wie in Zeitlupe. Wer ehrlich hinschaut, erkennt oft seinen eigenen "Frankenstack".
Die strategische Dimension: Die entscheidende Frage ist nicht mehr, ob einzelne Tools gut funktionieren, sondern wie schnell sich das gesamte CX-Ökosystem an neue Anforderungen anpassen lässt. Plattform-basierte Ansätze gewinnen nicht nur wegen ihrer technischen Eleganz, sondern weil sie Geschwindigkeit und Flexibilität ermöglichen, die Punkt-Lösungen strukturell nicht bieten können.
Der Weg nach vorn: Statt einem Big-Bang-Ansatz empfiehlt sich eine schrittweise Modernisierung. Beginnen Sie mit einem API-Audit der bestehenden CX-Tools und evaluieren Sie parallel die großen Plattform-Anbieter. Pilot-Projekte für kritische Integrations-Szenarien schaffen Klarheit über den tatsächlichen Modernisierungsbedarf.
Mittelfristig geht es dann um die Plattform-Migration in definierten Phasen, den Aufbau von API-Gateways für Legacy-Systeme und – nicht zuletzt – um den Aufbau von Teams, die moderne CX-Architekturen nicht nur implementieren, sondern kontinuierlich weiterentwickeln können.
Fazit: Die Plattform-Ära hat begonnen
Die NICE-Cognigy-Übernahme und das Genesys-Investment sind Indikatoren für eine erwartete, aber wichtige Marktentwicklung. Customer Experience Infrastructure wird zur Plattform-Disziplin.
Die drei Erfolgsfaktoren:
- Plattform-Denken: Integration vor Perfektion der Einzellösung
- API-Strategie: Offenheit und Composability als Grundprinzip
- Schrittweise Modernisierung: Evolution statt Big-Bang-Transformation
Der nächste Schritt:
Evaluieren Sie Ihre aktuelle CX-Architektur gegen die neuen Markt-Standards. Die Technologie ist verfügbar, die Anbieter positionieren sich – jetzt liegt es an Ihnen, die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen.